Die verschwundenen Schoko-Ostereier
Wie geht es meinen fleißigen Häschen? Seid ihr fertig? Papa wartet schon auf die fertigen SchokoOstereier!“, ist Mama Osterhases Stimme zu hören. Diese steckt den Kopf nun zur Stubentüre herein und ruft entsetzt: „Karo, Marie! Was macht ihr hier? Habt ihr denn nur Unfug im Kopf? Schaut euch das Chaos an! Das schöne Goldpapier! Wisst ihr, wie viele Stunden ich gebraucht habe, um das zu bügeln?“
„Autsch!“, ruft Karo und reibt sich ihren Hasen-Po. Gerade war sie dabei, ihrer Zwillingsschwester ein perfektes Hasen-Rad zu zeigen. Doch Mamas Erscheinen hat ihr Vorhaben unsanft beendet. Zu allem Überfluss hat ein Windstoß den restlichen Stapel Goldpapier durcheinandergewirbelt. Jetzt liegt alles wild verstreut am Boden. „Na, für diese Bruchlandung gibt’s aber ordentlich Abzüge!“, lacht Marie ihre Zwillingsschwester aus und hüpft schnell vom großen Ohren-Sessel. Sie schlingt die Arme um Mamis Taille, schmiegt sich an Mamis Hasenbauch und will diese überzeugen: „Mamilein, nicht böse sein! Schau, wir haben es beinahe geschafft, es fehlt nur noch eine Lage!“ Stolz zeigt sie in die Ecke, wo sich die säuberlich eingewickelten Schoko-Ostereier türmen. „Ja, Mami! Wir waren doch richtig fleißig, oder?“, fragt nun auch Karo, die wieder auf beiden Beinen steht und sich ihr geblümtes Kleidchen zurecht zupft. „Und das mit dem Papier, das bekommen wir auch wieder hin! Ich setz´ mich einfach einmal mit Schwung auf jedes Blatt“, schlägt sie vor, „und mein Po macht alles wieder glatt!“ „Untersteh dich!“, ruft Mama Osterhase und gibt ihr einen Klaps auf genau diesen Hasenpo. „Dabei zerreißt du mir noch alles! Lass schön die Finger davon!“
Während Mama das Papier vorsichtig wieder einsammelt und übereinanderstapelt, fragt sie: „Wo ist euer Bruder?“ Mario und Karo schauen sich an: „Ja, genau, Hubsi ist an allem schuld! Er ist schon eine Weile im Keller. Dabei wollte er nur die restlichen Schoko-Ostereier holen. Und weil uns langweilig war…“, erzählt Karo. „… haben wir uns gegenseitig Zirkuskunststücke vorgeführt“, ergänzt Marie. „Du sagst doch immer, dass Bewegung wichtig ist!“ Sie schaut ihre Mama mit ihren großen, braunen Hasenaugen an. Mama Osterhase schüttelt den Kopf. „Ihr räumt hier ordentlich auf und ich hole euren Bruder! Und keinen Unfug und keine Zirkusvorstellung mehr, verstanden!“, ermahnt sie ihre beiden Töchter. Die Hasen-Zwillingsmädchen nicken artig und machen sich an die Arbeit.
„Hubsi, bist du hier unten? Deine Schwestern warten auf dich!“, ruft Mama Osterhase und läuft die Kellertreppe hinunter. „Hier bin ich!“, hört sie eine leise Stimme. Der kleine Osterhasen-Junge hockt in der hintersten Ecke des Kellers und scheint sehr bedrückt zu sein. „Was ist los, Hubsi?“, fragt Mama und schaut ihren Sohn besorgt an. „Ja… oder naja… also…“, stottert Hubsi. „Du wolltest die restlichen Schoko-Ostereier holen? Wo sind sie? Und warum sitzt du da herum?“, will Mama Osterhase wissen. „Ja, ich weiß, tut mir leid… aber die, die sind weg…“, murmelt der kleine Hasenjunge. „Was meinst du mit weg?“, fragt Mama. „Die können doch nicht so einfach verschwinden? Hast du wirklich überall gesucht? Vielleicht hat sie jemand versehentlich wo-anders hingestellt?“, fragt Mama streng. „Ja, nein, doch… hab´ ich… aber sie sind wirklich weg…einfach nicht mehr da…“, sagt Hubsi leise. Mama Osterha-se überlegt einen kurzen Moment: „Ich habe einen Verdacht! Hat vielleicht jemand die Kellertüre offen gelassen? Ich sage euch doch immer wieder, dass ihr aufpassen müsst. Ihr wisst doch, wie gerne euch Timmy und Tommy einen Streich spielen.“ Dabei schaut sie ihren Sohn tadelnd an. „Hmmm… ja, ich weiß… stimmt…“, druckst Hubsi herum und spielt mit den Knöpfen seiner Latzhose. „Komm jetzt, wir müssen nach oben! Deine Schwestern und Papa warten auf uns! Ich werde mir die beiden Eichhörn-chen-Jungs gleich vorknöpfen“, sagt Mama, „und dann können wir die Schoko-Ostereier noch schnell fertig einwickeln.“ „Mm hm!“, murmelt Hubsi und trottet seiner Mama hinterher. „Sag mal, mein Junge, ist wirklich alles in Ordnung?“, fragt Mama.
„Du bist ziemlich blass um die Nase.“ Ihr sonst so aufgeweckter und übermütiger Sohn sieht alles andere als fröhlich aus. „Nein, … mir ist ein bisschen schlecht und ich habe Bauchschmerzen…“, gesteht der kleine Hasenjunge mit Tränen in den Augen. Mama Osterhase schaut ihn prüfend an. Plötzlich entdeckt sie etwas am Ärmel seines rot-karierten Hemdchens und will von Hubsi wissen: „Gibt es da vielleicht noch etwas, das ich wissen sollte?“ „Naja, also, also ich… also Timmy und Tommy… vielleicht, vielleicht waren die beiden doch nicht im Keller…!“, beginnt der kleine Hase. „Ahhh…“, Mama Osterhase hört aufmerksam zu und vollendet dann die Ge-schichte, „...sondern die Schoko-Ostereier sind auf geheimnisvolle Weise in Hubsis Bauch gelandet und jetzt hat mein kleines Schleckermäulchen nicht nur ein schlechtes Gewissen sondern auch schlimme Bauchschmerzen. Stimmt’s?“ „Jaaaaa!“, murmelt der kleine Hasenjunge und hält sich sein Bäuch-lein. „Tja, diese Geschichte erzählen wir Papa besser nicht, sonst gibt es ein ordentliches Donnerwetter. Zum Glück haben wir genug fertige Schoko-Oster-eier für das Osterfest.
Aber du mein Junge, du marschierst jetzt schnur-stracks ins Bett. Ich bringe dir nachher meine selbstgebraute Geheim-Medizin, du weißt ja, sie wirkt Wunder!“, meint Mama Osterhase. „Bäääh!“, Hubsi schüttelt sich allein bei dem Gedanken daran, denn Mamis Medizin schmeckt schrecklich! „Tja, mein Junge, heimliches Naschen wird doppelt be-straft!“, lacht die Hasenmama und gibt Hubsi einen dicken Schmatz.
Geschichte: Sabine Aigner, Illustration: Oskar Pointecker